24. September 2012 | Von Markus Pellot 

Gangnam Style

Zehn Deutsche auf einem Fleck westlicher Kultur in Südkoreas Hauptstadt Seoul. Klingt komisch, ist aber so.

Gangnam Style

Wir bewohnen hier insgesamt drei Apartments eines 19-stöckigen Hotels. Zimmerreinigung, Fitnessclub (inkl. Golfabschlagplätze, auch digital) und Frühstücksbuffet fühlen sich alles andere als asiatisch an, daher auch der „Fleck westlicher Kultur“, you know?

Umso asiatischer werden die Verhältnisse, wenn wir vor die Tür treten. Temperaturen über 25 Grad Celsius und die hohe Luftfeuchtigkeit machen jeden Ausflug zu einem Besuch im Dampfbad. Vom blauen Himmel, über sehr diesiges Wetter bis hin zu verregneten Taifun-Tagen wird einem hier alles geboten. Hauptsächlich ist es jedoch schön und warm.

Vielleicht ist es unmöglich, alles von der 11 Millionen Metropole zu sehen, aber wir bemühen uns trotzdem. Bisher waren wir auf dem Seoul Tower, dem höchsten Punkt hier in der Umgebung, im alten Königspalast Gyeongbokung („strahlende Glückseligkeit“) und im Stadtteil Gangnam.

Moment mal, Gangnam? „Gangnam Style“ (für diejenigen, die es noch nicht kennen)

Dieser Typ und dieses Video gehen gerade durch die Decke, und das weltweit. Sechs Millionen Klicks pro Tag, insgesamt über 262 Millionen Aufrufe und das erst seit dem 15. Juli. In unserer Vorlesung „The Media Industry and The Business of Entertainment“ versuchen wir, der Viralität des Ganzen auf die Spur zu kommen.

Auch kulinarisch geht hier einiges durch die Decke. Traditionelles koreanisches Essen ist sehr vielfältig. Der Tisch ist voller kleiner und größerer Schalen mit Beilagen und Hauptgerichten. Reis und Suppe findet man eigentlich immer, genauso wie Kimchi, speziell zubereiteter Kohl mit durchaus eigenem Charakter. Die Gerichte sind sehr gemüselastig, doch es gibt auch Fleisch oder Meeresfrüchte. Das leckerste traditionelle Essen für uns war (bisher) Bulgogi, der koreanische Feuertopf, und Jeon, eine Art Pfannkuchen.

Interessant bzw. seltsam ist die Kombination von Tradition und Moderne. Auf der einen Seite gibt es die strengen Verhaltensregeln in der Gesellschaft, feste soziale Strukturen und den Nationalstolz. Südkorea ist die Nation mit der weltweit höchsten durchschnittlichen Arbeitszeit. Pro Jahr arbeitet ein durchschnittlicher Koreaner 2300 Stunden – ein durchschnittlicher Deutscher 1400. Südkorea ist das Land mit dem schnellsten Internet, in Seoul gibt es ein nahezu flächendeckendes WLAN-Netz und Koreaner scheinen nur noch per Smartphone zu kommunizieren. Selbst kleine Kinder im Kinderwagen spielen schon mit modernster Technik, wie wir damals mit Bauklötzen. Im Kontrast dazu steht das arme Landvolk, das in die Großstädte (hauptsächlich Seoul) abwandert und hier sein Glück sucht. Zwischen all den futuristischen Hochhäusern sieht man viele einfache Straßenstände, die Lebensmittel oder selbstgemachtes Essen verkaufen.

Bei dem starken amerikanischen und generell westlichen Einfluss dachten wir, dass die Menschen in der Weltstadt gut Englisch sprechen. Jedoch beherrschen die wenigsten Koreaner die Sprache wirklich gut, tendenziell eher die jüngere Generation. Im Hotel, in Restaurants und in Bars werden Bestellung oder Gespräche oft zu einem unterhaltsamen Abenteuer. Durch die überaus freundliche und hilfsbereite Art der Koreaner schaffen wir es jedoch stets das zu bekommen, was wir benötigen.

Apropos westlicher Einfluss: Momentan ist Jägermeister ziemlich angesagt, genauso wie B52. Natürlich gibt es auch deutsches Bier, allerdings zu astronomischen Preisen. Das einheimische ist preiswerter, aber kommt nicht an das verwöhnte deutsche Geschmacksempfinden heran. Im Allgemeinen sind die Koreaner recht feier- und kontaktfreudig. Das Wort „nein“ scheint nicht zu existieren.

Das merken wir speziell bei unserer Uni. Es wird sich absolut herzlich um uns gekümmert, wir haben einen eigenen Ansprechpartner. Der zu jeder Tageszeit erreichbar scheint und bisher all unsere Probleme lösen konnte. Die Uni selbst liegt mitten im Studentenviertel der Stadt. Um uns herum befinden sich drei Universitäten in unmittelbarer Nähe, wovon sich besonders eine reine Frauenuniversität durch die Fülle an hübschen Studentinnen bemerkbar macht. Allerdings unterscheidet sich unser Lehrkomplex erheblich von den anderen. Jeden Tag lauschen wir den Professoren in einem dreistöckigen Quader, der auf einem siebenstöckigen Gebäude thront.

In den nächsten Wochen werden viel mit der Uni beschäftigt sein, es gibt viel zu lesen und Arbeiten und Präsentationen müssen vorbereitet werden. Wir sind zuversichtlich, dass wir dank unserer ausgeprägten Arbeitsmoral gut vorankommen werden.

안녕히 가세요  (annyeonghi gaseyo) – Tschüss

Viele Grüße aus Seoul

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